Tag 7, 29.7.2015 – Trekking Richtung Basislager Alpamayo
Mit dem Bus geht es zuerst gut 90min eben dahin bis wir zur Abzweigung zum Santa-Cruz-Tal gelangen. Hier startet eine wilde Bergstraße, die nichts für schwache (europäische) Nerven ist. Der Peruanische Busfahrer ist hier offensichtlich nicht zum ersten Mal unterwegs und manövriert sein Gefährt erfolgreich zum Bergdorf Cashapampa. Hier treffen wir auf den einheimischen Bergführer Christian, der uns gemeinsam mit seinen Kollegen in den kommenden Tagen zum Alpamayo führen wird.
Faul – wie wir sind – überlassen wir den Maultieren/Eseln das Tragen der schweren Ausrüstung. Mit leichtem Rucksack wandern wir durch das lange, wildromantische Tal bis sich dieses wieder öffnet und den großen Lagerplatz „Ichicoccha“ frei gibt. Hier beziehen wir unser Nachtlager im Zelt auf rund 3.770m.
Tag 8, 30.7.2015 – Basislager Alpamayo „Arhuaycocha“
Wir folgen dem Tal und passieren dabei die Laguna Jatuncocha bevor wir in ein Seitental abzweigen, wo wir endlich Höhenmeter machen. Nach rund 4 Std. Gehzeit erreichen wir das Basislager auf 4.300m. Ab hier kann die Ausrüstung nicht mehr von den Tieren getragen werden, da das Gelände zu unwegsam ist.
Am Nachmittag spazieren wir zur Laguna Arhuaycocha hoch – einem spektakulär gelegenen Bergsee, in den der darüber liegende Gletscher direkt einmündet.
Tag 9, 31.7.2015 – Trekking Moränencamp
Bergführer Franz hat sich dazu entschieden, den vorbereiteten Plan etwas zu adaptieren und beschert uns (auf Kosten des Reservetags bzw. Quitaraju) eine zusätzliche Nacht im komfortablen Base Camp. Wir wandern gemütlich die gut 600hm zum Moränencamp, wo wir einige Ausrüstungsteile sowie Essen deponieren. Das Lager liegt ca. 100hm unterhalb des Gletscheranfangs und bietet reichlich ebene Flächen für Zelte. Danach geht’s wieder ins Basislager zurück.
Tag 10, 1.8.2015 – Moränencamp
Nach dem Frühstück wird gepackt und wir steigen zum Moränencamp – den Weg kennen wir ja bereits. Oben angekommen errichten wir unser Lager und freuen uns, dass uns sowohl Köche wie auch Hochträger begleiten und mit schmackhaften (frischen) Essen versorgen. Ein Wahnsinn was diese Leute schleppen, wie zackig sie arbeiten (Zelte aufbauen, kochen, …) und das sie dabei stets ein ehrliches (!!) Lächeln auf den Lippen haben!
Tag 11, 2.8.2015 – Vorstoß ins Hochlager
Vom Moränencamp aus ist der Weiterweg zum Sattel bereits gut zu erkennen. Scheinbar ist der Übergang zum Greifen nahe. Vor Ort präsentiert sich die Aufstiegsspur dann durchaus abenteuerlich und schlängelt sich im Zickzack elegant an gewaltigen Spalten vorbei. 100hm unterhalb des Sattels wird es dann steiler und die Guides verlegen ein Fixseil. Ohne Seil ist der Aufstieg insbesondere in zwei steilen Passagen ziemlich knackig – v.a. mit schwerem Gepäck.
Hinter dem Sattel öffnet sich dann eine weite, plateau-artige Fläche mit Bilderbuchblick auf die Markante Wand des Alpamayo. Wir steigen 10min ab und erreichen den Platz für das Hochlager, das wir beginnen, einzurichten. Christian und ein weiterer Guide bleiben oben und werden am nächsten Tag das Fixseil für den Gipfelsturm einrichten. Der Rest der Gruppe steigt über den Aufstiegsweg wieder ins Moränencamp ab. Insgesamt legen wir knapp 600hm und ca. 2 km Distanz je Richtung zurück.
Tag 12, 3.8.2015 – Hochlager
Neuerlicher Aufstieg ins bereits bekannte Hochlager auf ca. 5.470m. Das Abendlicht taugt den Alpamayo in spektakuläre Farben und wir kriechen voller Vorfreude in die Zelte. Zur Wahl stehen prinzipiell drei Rouen: Die Ferrari-Route, die Franzosen-Route oder die Baskenroute. Aufgrund der objektiven Gefahren entscheiden sich aktuell die meisten Seilschaften für die eingespurte Franzosen-Route. Auch wir werden diesen Anstieg am nächsten Tag nehmen.
Wir entscheiden uns dazu, drei unterschiedliche Startzeiten zu machen: 01:00 Uhr für die langsameren Teilnehmer, 02:00 Uhr für den Großteil der Gruppe und 03:00 Uhr für die schnellen (Martin & ich). Dadurch sollen die unausweichlichen Staus möglichst vermieden werden.
Tag 13, 4.8.2015 – Gipfeltag Alpamayo
Natürlich kommt es aufgrund der schlaflosen, kraftraubenden Nacht etwas anders als geplant. So startet die 02:00-Uhr-Gruppe mit etwas Verspätung und Martin, Bergführer Franz und ich etwas früher. Wir holen die Gruppe bereits beim Bergschrund ein und steigen im Schein der Stirnlampen auf. Obwohl wir die einzigen Leute (dafür in Summe 14…) sind ist der Eisschlag für die Gruppenletzten sehr unangenehm. Von klein und splittrig ist bis Handballgröße alles dabei. Das erste Mal bin ich froh, einen Helm auf dem Kopf und eine dicke Jacke zum Schutz anzuhaben.
Insgesamt kommen wir aufgrund der unterschiedlichen Geschwindigkeiten zu langsam vorwärts. Insbesondere im letzten, oberen Teil ist das Vorwärtskommen schwierig und nicht immer ist klar, wer was macht und was als nächstes passiert. Schließlich erreichen wir doch den höchsten Punkt, ca. 10m vom eigentlichen Gipfel des Alpamayo (5.947m) entfernt. Diese letzten Meter am Grat sind (für unsere Gruppe) jedoch zu riskant und wir wenden daher kurz unterhalb.
Alle Gruppenmitglieder erreichen den „Gipfel“, das Abseilen klappt trotz einiger Schwachstellen zügig und wir gelangen gesund und ohne nennenswerter Blessuren wieder ins Hochlager. Nach einem schnellen Frühstück packen wir zusammen und machen uns an den langen Abstieg über Sattel und Moränenlager ins Base Camp.
Am heutigen Tag bewegen mich einige Gedanken:
- Das Gesamterlebnis war geil.
- Für mich handelt es sich um einen „Gipfelsieg“, auch wenn wir nicht ganz oben waren. Lieber auf einige Meter verzichten und dafür gesund wieder unten ankommen. Andere mögen das anders sehen – nun denn, jedem das Seine…
- Wir hatten Glück, dass wir a) die einzigen Bergsteiger in der Route waren und b) nichts passiert ist. Einige Teilnehmer waren dem Unternehmen sichtlich mental, technisch und/oder konditionell nicht gewachsen und konnten nur durch den Einsatz anderer heil rauf und wieder hinunter kommen. Das darf an so einem Berg einfach nicht sein! Auch wenn ich jeder Person den Erfolg gönne.
- Aufstiege am Fixseil sind relativ witzlos und ein reiner Kraftakt. Die Verlockung, sich an der Seilklemme hochzuziehen und ausschließlich auf den Einsatz von Pickel und Steigeisen zu vertrauen, ist zu groß. Salopp gesagt kommt am Fixseil jeder irgendwie hoch – mit echtem Bergsteigen hat das nur noch wenig zu tun. Andererseits würde ich mir nicht zutrauen, in diesem Gelände alle Seillängen vorzusteigen. Bei diesem Eisschlag überhaupt…
- Insgesamt bin ich froh, dass ich mich als Teilnehmer weder um Sicherungspunkte noch Abseilpunkte kümmern musste. Bzw. das Material rauf- und wieder runter schleppen musste. Abseilstände (Eissanduhren, Firnanker, Eisschrauben) waren zur Genüge vorhanden – aber ob die auch alle solo halten und ich ihnen vertrauen würde?!?
Tag 14, 5.8.2015 – Abstieg & zurück nach Huaraz
Vom Basislager steigen wir durch das Santa-Cruz-Tal gut 21km wieder nach Cashapampa ab, von wo aus es mit dem Bus retour nach Huaraz geht. Zum Glück tragen die Maultiere/Esel den Großteil des Gepäcks. Müde, ausgelaugt und zufrieden dinieren wir im Hotel und fallen in die Federn.
Tag 15, 6.8.2015 – Ruhetag in Huaraz
Name ist Programm: etwas Souvenir-Shopping, Email’s checken, Fotos vorselektieren und natürlich packen für den Huascaran. Die Informationen der letzten 24 Stunden zu den aktuellen Verhältnissen machen etwas unrund: Eine Seilschaft musste aufgrund des starken Windes am zweiten Hochlager umdrehen und fand drei vor kurzem abgestürzte Ecuadorianer. Zudem ist unklar, ob der Weg aufgrund von Spalten machbar ist. Aktuell ist der Wetterbericht gut und die Logistik steht. Lassen wir uns überraschen, was die kommenden Tage bringen…
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