Ursprünglich war diese Tour bereits für letztes Jahr geplant und musste leider Unfall-bedingt verschoben werden. Macht aber nichts, denn so bliebt immerhin ein Jahr länger für die Vorbereitung :-) Wege führen viele auf den Mont Blanc bzw. durch dessen Umgebung. Leider sind Ende Mai bereits einige Hütte geschlossen und nachdem wir uns nicht wirklich für französisch-rustikale Winterräume begeistern konnten viel der geplante aufstieg via Mer de Glace zum Refuge de Requin flach. Kraftsparend fuhren wir Donnerstagmittag also mit der Seilbahn auf die Aiguille du Midi, wo sich auf 3.482m Seehöhe gleich einmal ordentlich die Höhe bemerkbar machte.
Von der Bergstation geht es sofort zur Sache und recht ausgesetzt & steil 50hm bergab. Ab hier unschwierig nochmals ein kurzes Stück runter, ein halber Kilometer Querung, nochmals 100hm rauf und schon betritt man die Cosmiques Hütte. Diese Beherbergung ist für französische Verhältnisse luxuriös und wird privat geführt. Die kleine Terrasse bietet einen perfekten Blick auf die steile, lange Aufstiegsroute zum Tacul – den ersten Wegpunkt der Mont Blanc Überschreitung. Den Nachmittag nutzen wir noch für eine kurze Akklimatisationstour über den Gletscher – bevor es zuzieht. Bereits beim Checkin muss die Frühstückszeit für den Folgetag gewählt werden: 1, 3, 5, oder 7 Uhr stehen zur Verfügung. Je nach Aufstehzeit erfolgt auch die Zimmereinteilung – smart!
Freitag: Nachdem wir uns für die 05:00 Variante entschieden haben starten wir energiegeladen in den Tag. Wir schnallen vor der Tür die Ski an und queren das weite Gletscherbecken. Am Glacier du Geant geht es zum ersten Mal durch feinen Pulver auf solider Unterlage runter auf 2.940m. Wir fellen auf und steigen auf der gegenüberliegenden Talseite links des Tour Ronde in ein Joch auf 3.530m. Hier bietet sich perfekte Aussicht auf die umliegenden Riesen: Mont Blanc, Grand Jorasses, etc. Absolut top!
Die darauffolgende Abfahrt ist absolut genial und wir entscheiden uns, soweit wie möglich abzufahren und durchs Vallee Blanche aufzusteigen. Das sollte sich rückblickend als schlechte Wahl herausstellen, denn nur wenige Meter unterhalb des Übergangs auf den Gletscher stehen wir an und müssen schweren Herzens kehrt machen.
Also abfahren, auffellen und die lange Abfahrt vom Morgen zurück. In Summe machen wir an diesem Tag 1.900hm. Autsch. Eigentlich wollten wir’s langsam angehen…
Samstag: Aufgrund der Schneesituation (bzw. Berichte anderern Bergesteiger, die Tags zuvor auf der Mont Blanc Überschreitung umdehen mussten) sowie unserer überschaubaren Energievorräte beschließen wir eine Planänderung: Abfahrt durch die nahe Cosmiques Rinne, Aufstieg zur Grands Mulets Hütte und das große Ziel am Sonntag. Die Rinne gestaltet sich gleich zu Beginn knackig: Wir rutschen Seil-gesichert 2x50m ab – danach wird die Rinne breiter, der Schnee ist weniger vereist und das Gelände eine Spur flacher. Aufgrund der massiven Lawinenreste können wir die Abfahrt alles andere als genießen und sind am Ende froh, diesen Teil hinter uns gebracht zu haben. Der weitere Aufstieg zur Hütte verläuft unspektakulär und mit permanentem Blick auf unsre morgiges Ziel.
Die Grands Mulets Hütte ist klein, aber fein, sitzt auf einem niedrigen Felssporn und wird überaus freundlich geführt. Einziger Wehrmutstropfen ist das luftige Toilettenhäuschen außerhalb der eigentlichen Hütte. Bei uns wäre das eingesetzte Entsorgungssystem mittlerweile glücklicherweise undenkbar, denn die Franzosen lassen ALLES über die Felswand im darunter liegenden Gletscher „verschwinden“. Nicht die feine Art…
Sonntag: Aufgrund der deutlichen Eisbruch-Gefahrt dient die ehemalige Standard-Aufstiegsroute heute nur noch zur Abfahrt. Aufgestiegen wird nun über den rechts daneben liegenden Nordgrat des Dome du Gouter. Dieser ist weniger gefährdet jedoch technisch anspruchsvoller und länger inkl. einer gut einstündigen Tragepassage, die zusätzlich recht steil und ausgesetzt ist. Danach geht’s wieder mit den Ski vorbei am Dome zum Vallot Biwak. An diesem Punkt stehen 3 Biwakschachetln unterschiedlicher Größe, wo sich bereits zahlreiche Bergsteiger ausruhen. So schlecht wie erwartet ist das neuere Biwak nicht – jedoch leider ziemlich zugemüllt. Warum lassen die Leute ihren Müll einfach dort zurück?!
Gleich hinter den Hütten werden die Ski auf die Rucksäcke geschnallt und es geht zu Fuß über den zumeist unschwierigen Bosses-Grat dem Mont Blanc Gipfel entgegen. Zugegebenermaßen plagt mich schon die ganze Zeit massive Kurzatmigkeit (was ich noch nie hatte…) und so wird der Aufstieg ab dem Biwak zu einer wahren Tortur. Erschöpft erreichen wir den unspektakulären Gipfel – ohne Kreuz, dafür mit schöner Rundumsicht vom höchsten Punkt der Alpen.
Die Abfahrt ist technisch einfach und laaaaaaange, wobei wir auch das Feld unterhalb des Eisbruchs queren müssen. Dieses Feld ist über die gesamte Breite und ca. 200m Länge zugeschüttet und die Durchquerung ziemlich unangenehm. Weiter geht’s zur Hütte, wo wir unsere Sachen holen und etwas trinken. Weiter hinunter zum Gletscher, nach dem wir praktisch auf einer Höhe bis zur Mittelstation Plan du Midi hinüber queren. Ganz koscher sind die Querungen aufgrund der Exposition und Steilheit zwar nicht, aber es geht alles gut. Mit der Seilbahn schweben wir hinunter nach Chamonix, wo wir uns in der Sonne mit Pizza stärken bevor wir die 5-stündige Heimreise antreten. Das war er, der 75. Skitourentag dieser Saison :-)
Fazit: Einmalige Bergkulisse, eine super Truppe, geniale Tourenmöglichkeiten, gute Hütten, super Schneeverhältnisse und noch besseres Wetter sind auf der Soll-Seite. Schade ist unser Verhauer am 2. Tag, der uns dazu zwang, auf die Überschreitung definitiv zu verzichten. Die Abfahrt durch die Cosmiques war eine lässige Erfahrung, die bei diesen Verhältnissen jedoch keiner Wiederholung bedarf. Der Aufstieg über den Dome du Gouter ist sehr knackig und lang. Abfahrt und Heimreise ebenfalls an diesem Tag zu machen grenzt an Suizid.
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