Freitag ist, der Wetterbericht zieht uns eher in südliche bzw. südwestliche Gefilde und wir möchten eine neue Gegend erkunden. Mit dem Auto geht’s über Chur und Ilanz ins Valsertal (Schweiz). Nach der Ortschaft Vals über die kurvige Bergstraße inkl. engem one-way Tunnel bis zum Parkplatz beim Berghotel am Ende der Straße. Am Weg treffen wir noch Michi, der mit seinem heckangetriebenen 1er BMW in einer der letzten Kurven hängen bleibt und die letzten Meter mit uns in Iris‘ Allradmobil zurück legt. Wer hätte gedacht, dass hier noch so (verhältnismäßig) viel Schnee zu finden ist?!
Vom Parkplatz über die Pistenraupen-gewalzte Straße bis zur über den See thronenden Kapelle. Von dort aus am Besten ohne Felle zur Brücke am See abfahren. Wir haben von oben auch eine einsame Spur über den See gesehen – der Hüttenwirt der Läntahütte hat nach eigener Aussage die letzten 10 Jahre keine Spur dort gesehen… Ab der Brück heißt es wieder Felle anlegen. Aufgrund der fortgeschrittenen Tageszeit (und weil wir keinesfalls zu spät zum Abendessen kommen möchten) und der schwer einzuschätzenden Lawinensituation entscheiden wir uns nicht für den „direkten“ Weg mit 1.000 hm Aufstieg und etwas Abfahrt zur Hütte, sondern den langweiligen, flachen Wanderweg entlang des Bachs. Der Weg zieht sich ewig bei null Meter Höhengewinn bis man am Ende plötzlich vor der aus dem Nichts erscheinenden Hütte steht.
Die Läntahütte ist eine kleine, feine Schweizer Hütte, die von einem extrem sympathischen Hütterpächterpaar (plus Hund) geführt wird. Das Haus ist im Inneren soweit es die Möglichkeiten zulassen mit viel Liebe versehen und die Wirtsleute sind wahnsinnig freundlich und entgegenkommen. Auf Schweizer Hütten ist das nicht immer so… Die Ski bleiben draußen unter Dach stehen, die Schuhe landen im Vorraum, der gemütliche Gastraum bietet Platz für ca. 30-40 Personen und im OG befinden sich vier große Lager. Einziger Wehrmutstropfen ist die – hinsichtlich Aroma – gewöhnungsbedürftige Toilette. Das Essen schmeckt vorzüglich und dazwischen klärt Hüttenwirt Thomas geduldig über Haus, Touren und Wetter auf.
Samstag: Die ersten Menschen wurl’n bereits kurz nach 04:00 herum und dementsprechend verhält sich die Geräusch- und Lichtkulisse. Normalerweise bemühen sich Hüttengäste, leise zu sein und niemanden zu stören, aber hier dürfte es ein wenig anders sein… Schließlich entscheiden wir uns um 07:00 ebenfalls dazu, aus dem Federn zu steigen und bevölkern als letzte Seilschaft das kleine Frühstücksbuffet. Gestärkt steigen wir in die Ski und folgen dem Talboden zu seinem Ende, wo der Hang aufsteilt. Die Schlüsselstelle befindet sich gleich am Anfang – wir legen die Harscheisen an und keine 5 Minuten später wieder ab. Spalten sind weit und breit keine zu sehen, der Weiterweg zieht sich etwas und der Wind frischt auf. Nach ca. 03:15 Std. stehen wir dann am Skidepot und stapfen die letzten 10m zum Gipfelkreuz des Rheinwaldhorns wo wir sogar ein perfektes, windgeschütztes Aussichtsplatzerl vorfinden.
Nach ein wenig Überreden entscheiden wir uns für die Abfahrt über den Vadrecc di Casletto. Die Abfahrt ist keine Offenbarung, könnte aber auch schlechter sein und bietet eine etwas steilere, eisigere Passage. Im flachen Geländeteil halten wir uns an der rechten Hangseite, wo zahlreiche Lawinenkegel auszumachen sind. Wir finden eine gute, sichere Schneise und starten den neuerlichen Aufstieg bis unterhalb des Jochs. Das letzte Stück wird mit Harscheisen zurück gelegt – in meinem Fall zu Fuß. Als wir übers Joch steigen empfängt uns heftiger Wind, der uns fast umhaut.
Das vor uns liegende Stück sieht anspruchsvoll aus: eine 100m 40-Grad-Querung, die bei einem Felsen endet, von dem aus es durch ebenso steiles Gelände 100m rauf geht. Die Ski werden gegen Steigeisen getauscht, landen am Rucksack und mit Pickeln in den Händen steigen wir in den Hang. Die Verhältnisse sind gut, aber ohne Steigeisen möchte heute niemand von uns dort gehen müssen. Technisch ist der Weg gut machbar, jedoch ein wenig exponiert und man sollte seiner Sache sicher sein. Der Schnee hält, ist stellenweise jedoch „faul“. Glücklich erreichen wir nach kurzer Zeit das kleine Joch, betreten den Hang auf der anderen Seite und wechseln wieder auf Ski-Modus. Der Aufstieg zum Grauhorn klappt ohne nennenswerte Schwierigkeiten und so stehen wir etwas später am Gipfel des zweiten 3.000er des Tages :-).
Die Abfahrtsroute verläuft spannender als die Genussabfahrt vom Rheinwaldhorn. Etwas steiler, etwas wilder mit gutem und weniger gutem Schnee bei sicheren Verhältnissen. Großer Vorteil dieser Abfahrt ist der Rückweg zur Läntahütte, wo man kaum schieben muss.
Der Abend verläuft abermals sehr relaxt: 4-Gänge Abendessen gefolgt von Vino Rosso, heiteren Gesprächen und wir verabschieden uns als letzte Seilschaft in die Federn.
Sonntag: Ein kurzer Blick offenbart wenig Gutes und wenig Überraschendes: Die Wolken hängen tief und das Wetter lädt so gar nicht dazu ein, die Gipfel zu stürmen. Wir wählen den vermeintlich „sicheren“ Rückweg zum Auto und spuren den steilen Hang direkt vor der Hütte hoch Richtung Furggelti. Interessanterweise sieht dieser Hang im unteren und mittleren Teil wesentlich dramatischer aus als er tatsächlich ist – vorausgesetzt die Harscheisen halten. Unterhalb des Furggelti sinkt die Sicht gegen null und wir navigieren blind nach Bauchgefühl zum Übergang. Spannend.
Unter normalen Umständen wäre die darauf folgende Abfahrt bis zum See ein Traum, heute müssen wir uns jedoch vorsichtig Meter für Meter vorwärts tasten. Wenigstens reißt die Wolken/Nebeldecke 300 hm oberhalb des Sees auf und wir werden mit einer perfekten Abfahrt zurück zur Brücke belohnt. Hier fellen wir abermals auf und folgen dem Weg vom Freitag zurück zum Parkplatz, von wo aus wir die Heimreise antreten.
Fazit: Die Läntahütte – ein absolutes Schweizer Juwel! Die Hütte genial, die umliegende Bergwelt überwältigend. Viele lohnenden Skigipfel gibt es auf den ersten Blick zwar nicht, aber wenn man sich näher mit dem Gebiet auseinandersetzt sind eine Vielzahl spannender Bergtouren zu finden. Der Großteil der Seilschaften (wie auch wir) steigt Freitag zur Hütte, Samstag Rheinwaldhorn, Sonntag via Furggelti(horn) zurück zum Auto. Das ist die logischste Runde – jedoch gibt es unzählige Varianten, die darauf warten, erkundet zu werden!
Übrigens: Wer eine geeignete Packliste für Skitouren sucht wird vielleicht bei Bergzeit fündig: http://www.bergzeit.de/magazin/packliste-skitour
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