Freitagnachmittag – auf ins Wochenende. Nachdem aus dem ursprünglichen Plan aufgrund einer Absage des Tourenpartners nichts wurde fahre ich ins Montafon. Geparkt wird am Lünersee nach Latschau. Nahe der Golmerbahn wird der Rucksack für die kommenden zweieinhalb Tage Rätikon gepackt. Schließlich gilt es, Material und Verpflegung für diesen Zeitraum in einen 45-Liter-Rucksack zu quetschen. Keine leichte Aufgabe… Bei herrlichem Sonnenschein weicht die Hardshell-Hose schnell der kurzen Hose – Frühlingsgefühle stellen sich ein :-).
Die vorhandene Spur verläuft auf der linken Talseite steil durch den Hang und unterhalb der Tschaggunser Mittagsspitze vorbei. Danach kommt noch ein kurzer, etwas steilerer Hang, der im Schwarzjoch endet. Vom Joch wird abgefahren oder besser abgerutscht – der Schnee ist zu dieser späten Tageszeit hart wie Beton. Nach einer kurzen Hangquerung (tricky) endet die Fahrt in einer kleinen Mulde, wo zum letzten Mal für heute angefellt wird.
Nach 20 Min erreiche ich die spärlich beleuchtet Tilisunahütte und staune nicht schlecht, dass bereits 15 weitere Personen (französische 6er Gruppe, deutsche 9er Gruppe) hier sind. Der Winterraum bietet 16 Personen Platz – d.h. wir sind hart an der Grenze und müssen zusammen rücken – dafür ist es schön warm ;-) Der Winterraum ist gut ausgestattet im 1. Stock inkl. Indoor-WC, 2 Schlafräumen und einem Koch-/Aufenthaltsraum.
Samstag: Nach mittelprächtiger Nacht lacht uns heute die Sonne ins Gesicht. Das Frühstück ist schnell abgehakt und so geht es flott via Grubenpass auf die Weißplatte. Das 3. Viertel es Gipfelanstiegs beinhaltet eine 80hm Tragestelle – ansonsten ist der Weg problemlos machbar. Das Gipfelpanorama bietet perfekte Sicht auf die ringsum liegenden Berggrößen wie Schesaplana, Sulzfluh und Drei Türme. Schneebedingt wird rasch der Plan geschmiedet, in direkter Linie zurück zur Tilisunahütte zu fahren und von dort aus auf die Sulzfluh zu steigen. Gesagt getan, gute Abfahrtsbedingungen und leichter, dafür relativ langgezogener Aufstieg auf die Sulzfluh, auf der ich heute nicht als einziger stehe.
Da der Wind am Gipfel nicht unbedingt zum Verweilen einlädt geht’s zügig an die Abfahrt. Vorher bricht zur Sicherheit aber noch der Verschluss sowie das Unterrohr meines Dynafit SevenSummit Stocks. So ein Schmarrn! Mit 20cm verkürztem Stock ziehe ich meine Spur durch den „Rachen“ der gar nicht so böse ist – abgesehen davon, dass die Skibeläge an einer Stelle heftigen Felskontakt haben. Nach der Schlüsselstelle wird die Abfahrtsroute flacher und zum Abschluss nochmals kurz steil (unangenehme Wegführung im Winter). Am tiefsten Punkt angelangt heißt es wieder anfellen und durch den Wald zur Lindauer Hütte, auf deren Sonnenterrasse es sich angenehmst chillen lässt.
Die Entscheidung Totalalphütte (samt Schesaplana am nächsten Tag) vs. Carschinahütte wird mit von der Hüttenwirtstochter abgenommen, denn derzeit gibt es auf der Totalphütte keinen Strom und ohne den geht nichts (kein Holzofen). Ist mir so eigentlich eh auch lieber. Also das kurze Stück durch den Wald und hoch zum Drusentor, wobei die letzten Meter ohne Ski zu stapfen sind. Nachdem das Tor Nord-Süd ausgerichtet ist strahlt auf der anderen Seite wieder die Sonne und die Ärmel werden hochgekrempelt :-). Felle runter, sehr links haltend abfahren, ein kurzer Gegenanstieg und schon erreicht man die Carschinahütte.
Durch den Vorraum (Ski etc.) erreicht man den gemütlichen Winterraum inkl. Ofen, allem Drum-und-Dran, Licht und 10 Lagerplätzen. Holz ist in Hülle und Fülle vorhanden, die Toilette befindet sich genauso wie eine funktionierende Wasserleitung außen. 2 Std. nach meiner Ankunft klopfen zwei Schweizer Splitboard-Fahrer an die Tür und freuen sich über den mittlerweile 10-Grad „warmen“ Raum. Zu Mitternacht stoßen drei junge Deutsche dazu und machen es sich im Schlaflager im 1. Stock bequem.
Sonntag: Der Wetterbericht liegt auch heute goldrichtig und die Sonne zeigt sich von der Früh weg! Die Entscheidung fällt nicht leicht – schlussendlich gewinnt der nahe Schafberg, der eine interessante Nordabfahrt bieten könnte. Gesagt getan, zuerst etwas Richtung Tal abfahren und schnell merke ich, dass dieser Sonnenhang keine guten Verhältnisse bietet. Also anfellen und rauf auf den Schafberg auf dessen Gipfel ich meine Schweizer Kollegen treffe. Nach kurzer Pause rutsche ich links des Grats ca. 15m ab und fahre in den Hang ein. WOW – was für ein Hang und was für perfekter Schnee! Damit hätte ich wirklich nicht gerechnet! Powder, Powder und bei durchschnittlich ca. 37 Grad Neigung. Die Bedingungen sind absolut sicher – der Hang bewegt sich keinen Millimeter und es sind keine frischen Spuren zu sehen.
Nachdem es sich hier um die wohl genialsten 400 hm des bisherigen Winters handelt beschließe ich, mein Glück nochmal zu versuchen. Also unter der Sonne aufsteigen, an der Carschinahütte vorbei und dieses Mal direkt die Aufstiegsspur nutzend hoch zum Gipfel. Die 15-20 pausierenden Touren lasse ich rechts liegen, rutsche einige Meter zum kleinen Joch zwischen den beiden Gipfeln und spure 20 hm auf den anderen hoch. Die Abfahrt ab hier ist ebenfalls wieder vom Feinsten und ich genieße jeden Schwung im trockenen Pulver!
Am Talboden wird wieder aufgefellt und ich spure Richtung Drusentor. Ca. 300 m rechts davon geht’s im Zickzack etwas steiler in einen höher gelegenen Durchgang, durch den man in einen anderen Hang (als jenen, den ich am Vortag hoch bin) gelangt. Die Neigung wäre perfekt, aber der Schnee ist es leider nicht (oder ich bin vom Vormittag zu verwöhntJ). Obwohl es sich hier um einen mehr oder wenig nordwärts ausgerichteten Hang handelt scheint die Sonne zu sehr hinein und sorgt dadurch stellenweise für einen Harschdeckel.
Auf Höhe der Lindauerhütte ist die Abfahrt zu Ende. Nachdem die Uhr erst 13:30 zeigt beschließe ich den Aufstieg zu den Drei Türmen – mal sehen wie weit ich komme. Der Weg führt im Schatten hoch zu einem Durchgang, wobei die letzten Meter SEHR knackig sind (so wenig Schnee im steilen Wandteil, dass man tief einbrechen kann. Außerdem sehr eisig). Obwohl es sich nur um wenige Meter handelt ist das eine echte „Zitterpartie“ und ich bin froh, diese Stelle heil geschafft zu haben.
Die nächsten 200 hm sind problemlos und steilen am Ende nochmals 50 hm auf ca. 40 Grad auf. Also Ski auf den Rücken und dieses Stück zu Fuß rauf. Danach öffnet sich eine Art Mulde, von der aus die drei Türme gut auszumachen sind. Pausiert wird – wie es sich gehört – am Großen Turm in der Sonne bei Windstille. Gegenüber sind Spuren auf die Drusenfluh auszumachen – sieht von hier aus SEHR anspruchsvoll aus, da absolutes Absturzgelände unterhalb des Gipfels.
Nach einer halben Stunde verlasse ich schweren Herzens den Gipfel des Großen Turms und schwinge ca. 100 hm zum Mittleren Turm ab. Vom „Skidepot“ geht’s zu Fuß in wenigen Minuten auf den Gipfel mit Glockner-verdächtigem Kreuz (im Gegensatz zum Großen Turm mit Pseudo-Kreuz und Gipfelbuch). Kurze Zeit später steige ich wieder in die Bindung und mache mich an die Abfahrt. Das kurze Steilstück geht in der Abfahrt recht problemlos – weiter geht’s durch breite Kar knapp 1000 hm bei wechselnden Schneeverhältnissen in den Talboden bis zur Lindauerhütte. An diese Vorbei über die „planierte“ Forststraße zurück nach Latschau. Die letzten 200m sind die Ski zu tragen – ansonsten reichlich Schnee – auch im Gelände.
Fazit: My oh my, was für ein Wochenende! Zwar solo aber dafür mit gewaltigen Touren in atemberaubender Umgebung bei perfektem Schnee und Wetter. Und das ganze praktisch vor der Haustür! Rätikon, ich komme wieder!
Übrigens: Wer eine geeignete Packliste für Skitouren sucht wird vielleicht bei Bergzeit fündig: http://www.bergzeit.de/magazin/packliste-skitour
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