Seit der Hochtouren-Instruktor-Ausbildung habe ich praktisch bei jeder Tour einen Biwaksack mit. Auch wenn man nicht rechnet (bzw. hofft), diesen zu brauchen ist er für den Ernstfall doch sehr hilfreich. Mittlerweile habe ich 3 recht unterschiedliche Produkte dieser Kategorie im Sortiment und erlaube mir, einen subjektiven Vergleich dieser Modelle anzustellen. Die vorgestellten Produkte sind zwar für denselben Einsatzzweck konzipiert – unterscheiden sich jedoch erheblich voneinander.
Pieps Bivy Bag MFL Double Alien:
Mein Standard-Biwaksack ist mittlerweile von Pieps: Die 2-Personen-Version des Bivy Bag MFL ist v.a. auf Funktionalität ausgelegt. Der Schnitt ist rechteckig und an der Fuß-Seite vollständig offen (lässt sich mittels Seilzug schließen – dann für 2 Personen wahrscheinlich unangenehm). Auf der Kopf-Seite befinden sich zwei getrennte Öffnungen, wobei es wahrscheinlich angenehmer wäre, sich bei unfreundlichen Bedingungen komplett darin zu verkriechen. Seitlich befinden sich zahlreiche stabile Befestigungsösen, damit notfalls eine Person leicht verschnürt abtransportiert werden kann. Im Lieferumfang befindet sich eine ca. 25x35cm Hülle, in die der Sack zusammengefaltet verstaut wird. Das Ganze wird dann zusammengerollt und mittels Klettverschluss verschlossen. Vorteil dieses Patents ist, dass somit schnell eine Sitzunterlage für kalte Tage greifbar ist.
Wir haben dieses Produkt im Rahmen der Ausbildung unzählige Male bei Rettungsübungen verwendet und bis dato konnte ich noch keine wirklichen Gebrauchspuren ausfindig machen. Das soll doch mal wer nachmachen! Mittlerweile verwende ich den Sack auch öfter um Gegenstände darin im Winter oder auf Hochtour im Sinne eines Materialdepots zu verstauen. Sack auffalten, Rucksäcke, Packsäcke, etc. rein, Schnurzüge schließen, Eisschraube ins Eis und Sack daran befestigen – fertig! Voraussetzung ist dann natürlich, dass mehrere Biwaksäcke mitgenommen wurden. Seitlich lässt sich der Bivy Bag mangels nicht vorhandener Zips nicht öffnen, was einerseits schade ist, andererseits wird dadurch eine mögliche Bruchstelle verhindert.
Was mir am Pieps sehr gut gefällt ist das durchdachte Design sowie die tolle Verarbeitung und Haltbarkeit. Zur Info: meine Version ist grau/grün mit 2 Kopföffnungen für 2 Personen. Es gibt auch eine Version mit 1 Kopföffnung für 2 Personen (?) sowie eine Version für 1 Person. Die 2-Personen-Version hat sich als optimal herausgestellt (insbesondere bei der Rettung) und bietet eben auch eine Sicherheitsreserve für 2 Personen. Das Mehr-Gewicht ist aus meiner Sicht akzeptabel.
Salewa PowerTex Bivibag 2-Personen:
Die Idee bei der Anschaffung dieses Ausrüstungsgegenstandes war, ihn primär als Überzug für den Daunenschlafsack für geplante Biwaks zu nutzen. In der Praxis hat sich leider herausgestellt, dass sich trotz angeblich atmungsaktiver Membran „Powertex“ (a la Gore-Tex) zwischen Daunenschlafsack und Biwaksack dermaßen viel Kondensflüssigkeit sammelt, dass die Wärmeleistung des Schlafsacks über Nacht beim Teufel ist. Der Salewa Bivibag verfügt über einen Mumien-Schnitt und ist für 2 Personen eng bemessen – für eine große Person inkl. großem Rucksack ist die Größe hingegen absolut komfortabel. Das Kopfteil ist clever designt und es lässt sich auch im vollkommen zugezippten Sack gut geschützt und komfortabel schlafen. Insbesondere, da der Kopfteil mittels eingebauter Kordel (zB an einem Baumast) befestigt werden kann und für den Kopf dadurch angenehm Platz ist. Die Zips lassen sich leider nur von außen gut bedienen, was in einer Fummelei resultiert. Außerdem könnten die Zips für meinen Geschmack länger sein.
Mountain Equipment Ultralite Bivi Bag 1-Person:
Für die gewichtsoptimierenden Menschen unter uns gibt’s von ME eine Notfall-Variante in 1-Personen oder 2-Personen-Ausführung. Die kleinere Version ist ca. so klein wie ein Tennisball und wiegt etwa dasselbe. Das Material ist hauchdünn und ähnelt einer Alu-Rettungsdecke. Das beschreibt auch in etwa die Widerstandsfähigkeit dieses Produkts. Sofern dieses nur für den absoluten Notfall gedacht ist, halte ich das für eine sauber durchdachte Lösung. Für den gelegentlichen Einsatz außerhalb des Rucksacks braucht es definitiv ein strapazierfähigeres Material! Ich habe dieses Teil noch nicht aus der Hülle genommen, denn ähnlich wie bei Alu-Decken habe ich bedenken, den Sack wieder so klein zusammen falten zu können. Diesen Eindruck bestätigen übrigens auch zahlreiche andere Testberichte.
Der riesen Vorteil beim Ultralite ist, dass nicht mehr nachgedacht werden muss, ob denn wirklich ein Biwaksack mitzunehmen ist oder nicht, denn dieses Produkt trägt weder hinsichtlich Packvolumen noch Gewicht auf. Damit gibt es meiner Meinung nach keine Ausreden mehr, ohne Biwaksack in die Berge zu ziehen :-)
Resumee: Ein Biwaksack gehört meines Erachtens (und der Alpenverein vertritt diese Ansicht ebenfalls) IMMER zur Standardausrüstung für Bergtouren. Unabhängig davon wie hoch, wie weit, wie schwierig oder wie oft man die Route schon gegangen ist, ob zig Bergsteiger zu erwarten sind, der Wetterbericht Sonnenschein pur prognostiziert oder was auch immer dem kreativen Idee für Ausreden einfallen können. Zumindest der Ultralite von Mountain Equipment findet immer Platz im Rucksack. Sobald ich nicht alleine unterwegs bin nehme ich standard-mässig den Pieps Double mit und war bereits so manches Mal froh, ihn nicht daheim gelassen zu haben. Es sollte auch nicht vergessen werden, dass ja nicht nur MIR etwas passieren kann, sonder vielleicht JEMAND ANDEREM gut mit so einem Teil geholfen werden kann!
Hey, wie ist die Atmungsaktivität des Pieps?Beim Salewa schreibst du ja, dass es nicht so gut funktioniert… Suche gerade etwas für meinen ME classic, der leider keine Membran besitzt…
Servus,
beim Pieps ist die Atmungsaktivität medium. Solltest du öfter geplant biwakieren würde ich definitiv einen mit Membran (Gore-Tex, Event, oder ähnliches) nehmen.
LG Mario
Den Ultra light Bivibag habe ich bei Eintagestouren als Backup dabei. Mit ein bisschen kräftigen Fingern lässt sich der in das Täschchen knüllen. Idealerweise Schlafplatz unter einem Felsüberhang mit Reisig und so vorbereiten, dann kann man einige Kleidung ausziehen, als zusätzliche Isolation drunterlegen und nur mit Jacke, und Hose reinschlüpfen. Ev mit Reisig zu decken. Nach Gebrauch trocknen lassen, weil feucht von Sschweiss. Nicht wirklich komfortabel, aber zum Überleben reicht es. Nur einmal im Winter bei Wetterumschlag gebraucht, aber sicher ist sicher. Nebenbei, auch Samsplint um notfallmässig einen Bruch zu schienen sowie Signalraketen brauchen auch kaum Platz.
Hallo Jürg,
in dem Fall bist du schon sehr erfahren im Umgang mit Bivibags :-)
Also Notfalllösung ist der Ultra Light aus meiner Sicht geeignet, aber definitiv nicht für den regulären Einsatz. Auch für ein geplantes Biwak würde ich zu einem stabileren Produkt greifen.
Allerdings ist das nur meine persönliche Meinung :-)