Wer sich auf die Suche nach DEM richtigen Berg- oder Skitouren-Schuh macht, weiß zu diesem Zeitpunkt oftmals noch nicht, was auf ihn zukommen wird. In meinem Fall ist die Entscheidung ein wenig einfacher, denn mit Schuhgröße 48 wird die Luft im Bergsport-Schuh-Bereich dünn. Klar war, dass es kein Speed-Schuh werden würde und Dynafit-Inserts Pflicht sein würden. Schnell musste ich feststellen, dass im Winter nur Schuhe von Scarpa für mich in Frage kommen würden, denn die italienische Schuhschmiede produziert erstens auch in großen Größen und zweitens für relativ schmale Füße. 

maestrale-grossSchnell stand fest: Der neue „Scarpa Maestrale“ würde es werden. Bzgl. der Größe vertraute ich auf die Erfahrungen meines Sporthändlers und Griff zu einem Schuh, bei dem ich in aufrechter Körperhaltung mit den Zehen leicht vorne anstieß, in knieender Abfahrtspostion jedoch Luft hatte. Der Rest wurde mittels Anpassung des Thermo-Innenschuhs erledigt. Der Tragekomfort war auch bei langen Tourentagen bzw. mehrtägigen Touren perfekt und der 100er Flex für meine Ski und Fahrkünste ausreichend. So weit, so gut.

Die Probleme mit dem Modell der ersten Produktions-Serie begannen wenig später: Die Schnallen waren mit dem Außen-Schuh nicht vernietet, sondern verschraubt, was dazu führte, dass ich mehrmals zwar Gipfelziele im Aufstieg erreichen konnte, bei der darauffolgenden Abfahrt jedoch feststellen musste, dass komplette Schnallenteile herunter gefallen waren. Sehr unangenehm, aber kein Weltuntergang bei Tagestouren. Wesentlich ärgerlicher ist dieser Umstand jedoch bei längeren Unternehmungen.

Zusätzlich traten (insbesondere in kalter Umgebung) massive Probleme mit dem Walk-/Ski-Mechanismus auf, denn dieser verriegelte oftmals nicht.  Dadurch wurde die Kontrolle des Skis insbesondere bei anspruchsvollen Abfahrten wesentlich erschwert bzw. unmöglich gemacht. Dieses Schicksal ereilte übrigens unzählige weitere Maestrale-Besitzer und es stellte sich heraus, dass Scarpa mit diesem Patent offenbar keinen Glücksgriff gemacht hat. So finden sich auch auf zig Internetseiten (zB Bergzeit.de) diesbezügliche Negativreaktionen von Besitzern.

maestraleRS-grossDiese Situation war untragbar und so kontaktierte ich Scarpa Österreich und schickte den Schuh ein. Die Schrauben wurden durch Nieten ersetzt und der Walk-/Ski-Mechanismus gegen ein angeblich überarbeiteten getauscht. Die Schwierigkeiten waren damit leider nicht gelöst und so schickte ich das Produkt nochmals ein und der Mechanismus wurde ein weiteres Mal getauscht. Nachdem die Probleme dann immer noch auftraten erhielt ich von Scarpa „kulanterweise“ den neuen „Maestrale RS“ (120er Flex) – ein wenig vergünstigt – in der Hoffnung, dass die Fehlfunktionen nun der Geschichte angehörten.

 

FreedomSL-grossObwohl ich den Schuh wirklich schätze und der Hersteller bei der Konstruktion und Produktion einiges gelernt hatte gab es erneut Schwierigkeiten mit dem Ski-/Walk-Mechanismus. Also kontaktierte ich wieder den österreichischen Scarpa-Vertrieb, der mir den Maestrale RS auf das neue 2014er Top-Modell „Freedom SL“ tauschte. Dieser Schuh spielt gewichtsmäßig eher in der Freeride-Liga mit, ist massiv konstruiert und bietet einen hohen 120er Flex. Mittlerweile hat der Hersteller offensichtlich aus den Fehler (und Reklamationen) der Vergangenheit gelernt und den Verriegelungs-Mechanismus von Grund auf geändert. Erfreulicherweise funktioniert dieser nun bei allen Bedingungen perfekt bzw. so wie es sich für ein Produkt in dieser Preisklasse gehört.

Leider wurde im selben Atemzug jedoch den Schnitt (Riss) des Schuhs verändert (im Vor-/Mittelfuß-Bereich schmäler). Auch nachdem der Innenschuh von einem Spezialisten thermo-angepasst kam es zu schmerzhaften Aufreibungen auf meinem Fuß. Nach nochmaligem Besuch des Fachgeschäfts wurde der Außenschuh an den entsprechenden Stellen „ausgebeult“. Nun sieht er zwar nicht mehr so attraktiv aus, dafür sind die Schmerzen weg – was eindeutig das wichtigere Kriterium ist.

Fazit: Scarpa hat aus den Fehlern der Vergangenheit was den Verriegelungs-Mechanismus betrifft jedenfalls gelernt und es bleibt zu hoffen, dass das neue Patent zukünftig in allen Schuhen zum Einsatz kommt. Jedoch finde ich es schade, dass der Schnitt verändert wurde und daher zusätzlicher Aufwand für eine ggf. Anpassung entsteht.